Ostern24

 

 

 

Alle Jahre wieder

sitze ich an meinem Schreibtisch und mache mir Gedanken, wie wohl in diesem Jahr die Karwoche und ganz besonders der Ostergottesdienst gestaltet werden sollte. Und das, ohne sich zu wiederholen, obwohl sich der Kirchenkalender kontinuierlich wiederholt und die Botschaft im Kern immer die gleiche bleibt.

Es ist also die einundvierzigste Osterpredigt, die ich heute halte. Man könnte versucht sein, in die Konserve zu greifen, da sich wohl kaum noch jemand an die ersten Ausgaben erinnert. Aber das sei ferne. 

 

Alles auf Anfang!
Das Christentum setzt an den Anfang seines Systems nicht Christus als Retter, sondern den unendlichen, persönlichen Gott, der im Anfang die Welt erschuf und den Menschen (Abbild Gottes) für den Ablauf der Geschichte als bedeutsames Wesen machte. Die perfekt ineinander wirkende Natur (Himmel und Erde) setzte Gott schließlich in Abhängigkeit zu Adams vollkommener Natur.

 

Der Sündenfall Adams, hatte darum nicht nur eine persönliche Trennung von Gott zur Folge:
      1. Trennung von sich selbst: Übertragung der Trennung von Gott auf seine eigene Persönlichkeit. Die Folge: Selbstentfremdung und Verlust der Fähigkeit, wahre Erkenntnis im Sinne der Schöpfungsordnung zu erlangen. Darum ist alle menschliche Erkenntnis ist unvollkommen und wird der Wirklichkeit nicht gerecht, da der Mensch jetzt nur von Bruchstücken auf das Ganze schließen kann. 
      2. Soziologische Trennung: Entfremdung des Menschen vom Mitmenschen. Die Möglichkeit, wirklich demokratisch miteinander leben zu können ist damit verloren gegangen. Nicht nur der Mann trennte sich innerlich von der Frau, (s. Adam, der plötzlich im Verhör seine Frau beschuldigt), sondern auch der Bruder trennte sich vom Bruder (Kain tötete Abel). 
            3. Sprachliche und kulturelle Trennung: Während die Menschheit in Babylon an einem Turm baute, der bis zum Thron Gottes im Himmel reichen sollte, (Turmbau zu Babel) verwirrten sich ihre Sprachen als ein Gottesgericht. Infolgedessen, dass die Menschen sich nun nicht mehr gegenseitig verstanden, entwickelte jedes Volk seine eigene Kultur, was bis heute die Grundlage für alle soziologischen Unruhen bildet.
           4. Entfremdung des Menschen von der Natur, und die Spaltung der Natur selbst: Zudem verlor Adam (Vater der Menschheit) die Herrschaft über die Natur, so dass diese in Abhängigkeit zu ihm ebenfalls ihre perfekte Funktion verlor und sich sogar gegen den Menschen stellte (Sintflut). Umgekehrt ist aber auch der Mensch zum Feind der Natur geworden, indem er sie rücksichtslos ausbeutet und zerstört.

Die Menschheitsgeschichte ist eine einzige Abfolge von Brüchen und Schismen, die alle in der primären Trennung des Menschen von Gott wurzeln. Daraus folgt, dass der jetzige Zustand nicht „normal“ ist. Da aber die meisten Philosophen davon ausgehen, dass der "Jetztzustand" normal ist, können sie die Wirklichkeit nicht wirklich erklären. Aber bei alledem hat der Mensch nicht aufgehört, Mensch zu sein. Der Mensch steht immer noch da als Abbild Gottes – verzerrt, zerbrochen, abnorm und doch Träger von Gottes Bild - zwar gefallen, aber immer noch wichtig.

Die schwerste Trennung: all die Trennungen, die durch den Sündenfall des Menschen eintraten, erreichten ihren Höhepunkt, als Jesus Christus, die zweite Person der Dreieinigkeit Gottes, zerschlagen und als Stellvertreter mit unseren Sünden beladen, ausrief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46).

 

Und das ist die Osterbotschaft: Jesus tritt an die Stelle, wo Adam versagt hat. Tod und Auferstehung Christi bringen uns den Sieg über die vorher erwähnten Trennungen.

Gesegnete Ostern KM